Betriebsübergang: Was bedeutet das für die Arbeitsplätze?

Wechselt ein Betrieb den Besitzer, bricht unter den Angestellten schnell die Sorge um ihren eigenen Arbeitsplatz aus. Doch das Gesetz schützt die Arbeitnehmer und deren bestehende Arbeitsverhältnisse. Eine betriebsbedingte Kündigung ist also nicht ohne weiteres möglich. Stattdessen ändert sich für die Arbeitnehmer abgesehen von der Person des Arbeitgebers erst einmal nichts.

Arbeitsverhältnisse bleiben bestehen

Ein Betriebsübergang stellt das Arbeitsrecht vor eine große Herausforderung. Einerseits soll die Verkehrsfähigkeit des Betriebs als Wirtschaftsgut vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie gesichert werden, andererseits muss gewährleistet sein, dass die bestehende Belegschaft nicht ihre Arbeit verliert. Gerade beim Übergang von großen Betrieben, beispielsweise Automobilherstellern, könnte dies schnell zu einer volkswirtschaftlichen Katastrophe führen. Das Arbeitsrecht schafft deshalb in § 613a Abs. 1 S. 1 BGB einen Kompromiss. Zwar kann ein Betrieb grundsätzlich jederzeit verkauft werden und den Inhaber wechseln, allerdings tritt der Inhaber dann automatisch in die bestehenden Arbeitsverhältnisse mit allen Rechten und Pflichten ein. Für die Arbeitnehmer ändert sich abgesehen vom Vertragspartner also zunächst einmal gar nichts.

Allerdings wurde in der Praxis häufig versucht, diese Rechtsfolge dadurch zu umgehen, dass der Verkauf eines Betriebes nicht als Betriebsübergang dargestellt wurde. Dies war aufgrund der bis in die 90er Jahre geltenden Rechtsprechung auch möglich, nach der ein Betriebsübergang nur dann vorliegt, wenn die sachlichen Betriebsmittel, also die Ausstattung der Arbeitsplätze selbst, übergingen. Dies erwies sich jedoch als nicht sachgerecht, da gerade bei Dienstleistungsbetrieben die sachlichen Betriebsmittel keine entscheidende Rolle spielen. Dementsprechend geht die Rechtsprechung heute auch zurecht davon aus, dass ein Betriebsübergang dann vorliegt, wenn bestimmtes Know How, bestimmte Organisationsstrukturen, die Ausbildung und Kenntnisse der Arbeitnehmer sowie Beziehungen zu Kunden und Geschäftspartnern übernommen werden.

Die wirtschaftliche Einheit

Mittlerweile soll es nach den Arbeitsgerichten also darauf ankommen, ob der Erwerber und neue Inhaber eine wirtschaftliche Einheit übernimmt. Nur wenn dies der Fall ist, tritt er auch als neuer Arbeitgeber in die bestehenden Arbeitsverhältnisse ein. Der Übergang sachlicher Betriebsmittel ist hierfür nicht mehr entscheidend, kann allerdings ein Indiz darstellen. Das gilt vor allem für Produktionsbetriebe, deren Bestand an Betriebsmitteln für die wirtschaftliche Einheit deutlich wichtiger ist, als bei reinen Dienstleistungsbetrieben, die nur über wenige Schreibtische, Telefone und Computer verfügen. Je wichtiger etwa das Know How der Arbeitnehmer für die wirtschaftliche Tätigkeit ist, desto eher gehört dieses auch zur wirtschaftlichen Einheit. Gleiches gilt für Geschäftsbeziehungen zu Kunden und anderen Betrieben. Handelt es sich beim veräußerten Betrieb etwa um einen Zulieferer für einen Großkunden, wird diese Geschäftsbeziehung für den Erwerber häufig den größten Wert haben und muss deshalb berücksichtigt werden.

Ein weiteres wichtiges Indiz für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit ist die Ähnlichkeit der Tätigkeit der Arbeitnehmer vor und nach dem Betriebsübergang. Hierbei ist jedoch nicht zu fordern, dass die Arbeitnehmer im neuen Betrieb exakt die gleichen Aufgaben und Positionen haben wie vor dem Übergang. Ansonsten könnte der neue Inhaber die Eintrittspflichten aus dem Betriebsübergang stets dadurch umgehen, dass ein Teil der bestehenden Beschäftigten neuen Abteilungen zugeordnet wird. Ebenfalls unbeachtlich ist eine kurzfristige Unterbrechung der betrieblichen Tätigkeit. Es hilft dem Erwerber also nicht, den Betrieb nach dem Erwerb für einige Wochen still zu legen und dann ohne die bestehende Belegschaft fortzuführen.

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