Entsendung von Arbeitnehmern: Die Entsendung von Arbeitnehmern ins Ausland
Von einer Arbeitnehmerentsendung (kurz: Entsendung) wird gesprochen, wenn ein Arbeitnehmer vorübergehend im Auftrag seines Arbeitgebers für diesen oder für dessen Partner im Ausland tätig wird. Aufgrund der internationalen Bezüge bewegt sich die Arbeitnehmerentsendung in einem Spannungsfeld zwischen internationalem Arbeits-, Sozialversicherungs- und Steuerrecht, was zahlreiche rechtliche Fragen aufwirft.
Abgrenzung zur Versetzung und Dienstreise
Die Entsendung ist von anderen Formen der Auslandstätigkeit abzugrenzen. Sie ist dadurch geprägt, dass die Tätigkeit zwar in einem anderen Land erfolgt, der Arbeitgeber jedoch weiterhin in Deutschland ansässig ist. Der Arbeitsvertrag bleibt also grundsätzlich bestehen und der Auslandseinsatz ist befristet. Bei unbefristeten Auslandstätigkeiten wird von einer Versetzung gesprochen. Hier besteht keine Verbindung mehr zum Entsende- bzw. Heimatstaat. Sie ist folglich dauerhafter Natur.
Von der Dienstreise unterscheidet sich die Entsendung dadurch, dass sie langfristiger erfolgt. Zwar sind beide Formen befristet. Allerdings verbleibt der Lebensmittelpunkt des Arbeitnehmers aufgrund der Kürze des Auslandsaufenthalts bei einer Dienstreise im Inland. Der Begriff der Dienstreise entstammt aus dem Steuerrecht und liegt vor, wenn die Reise nicht länger als drei Monate andauert.
Bedeutung des Entsendungsvertrages
Da der Arbeitsvertrag auch durch ein Subordinationsverhältnis (Über-Unterordnungsverhältnis) geprägt ist, steht dem Arbeitgeber ein Weisungsrecht zu. Dies wird auch in § 106 der Gewerbeordnung (GewO) ausgedrückt. Demnach ist es dem Arbeitgeber grundsätzlich erlaubt, Inhalt, Zeit und Ort der Arbeitsleistung nach pflichtgemessen Zweckmäßigkeitserwägungen zu bestimmen, sofern die gesetzlichen Grenzen eingehalten werden. Die Entsendung eines Arbeitnehmers ist indes nicht vom allgemeinen Weisungsrecht des Arbeitgebers gedeckt, weil mit ihr ein nicht nur vorübergehender Wechsel des allgemeinen Arbeitsortes einhergeht. Insbesondere die Verschiebung des Lebensmittelpunktes lässt sich nicht auf das Direktionsrecht aus § 106 GewO stützen.
Vor der Durchführung einer Arbeitnehmerentsendung ist deshalb die Schaffung einer vertraglichen Grundlage notwendig. Diese bildet der Entsendungsvertrag, welcher entweder in den bestehenden Arbeitsvertrag integriert oder gesondert und ergänzend neben diesen gestellt werden kann. Der Vertrag muss Klauseln zu Themen des Versicherungs- und Steuerrechts beinhalten. Denn zahlreiche Wertungen, die in einem regulären Angestelltenverhältnis in der Bundesrepublik als selbstverständlich gelten, sind während einer Entsendung nur unter zusätzlichen Voraussetzungen anwendbar. Diese Voraussetzungen müssen also im Entsendungsvertrag geschaffen werden.
Grundzüge der Entsendungsvertragsgestaltung
Die besonderen Anforderungen an den Entsendungsvertrag erfordern eine (im Vergleich zum regulären Arbeitsvertrag) klarere und detailliertere Vertragsgestaltung, die auf möglichst viele denkbare Konstellationen eingeht. Schließlich soll der Vertrag für den Arbeitnehmer, der im Ausland tätig ist (Expatriate), eine Art Nachschlagewerk bilden.
Um zwei Vertragstexte, die nebeneinanderstehen und sich ggf. überschneiden, zu vermeiden, kann der inländische Arbeitsvertrag durch den Entsendungsvertrag zum Ruhen gebracht werden. Dieses besteht dann zwar weiter, ist aber vorübergehend Außerkraft gesetzt. Wird diese Gestaltungsform gewählt, kann der Mitarbeiter nach seinem Auslandseinsatz zu den alten Konditionen wiedereinsteigen. Möglich ist es aber auch, den Entsendungsvertrag als Ergänzungsvertrag zu schließen. Dann wird das inländische Arbeitsverhältnis lediglich den neuen Anforderungen, die durch den Auslandsaufenthalt entstehen, angepasst.
Rechtswahlklausel und Gerichtsstandvereinbarungen
Unumgänglich ist jedenfalls die Inkorporierung einer Rechtswahlklausel. Denn aufgrund der zivilrechtlichen Privatautonomie steht es den Parteien eines Vertrages grundsätzlich frei, eine Rechtsordnung auszuwählen, die auf Streitigkeiten, die aus dem Vertrag entstehen, angewendet werden soll. Weil das deutsche Arbeitsrecht besondere Wertungen zum Schutze des Arbeitnehmers enthält, sollte das Recht der Bundesrepublik Deutschland für anwendbar erklärt werden. Insbesondere in den Vereinigten Staaten von Amerika ist das Schutzniveau für den Arbeitnehmer wesentlich geringer. Und auch wenn innerhalb der Europäischen Union aufgrund der Europäisierung des Arbeitsrechts ein weitgehend ähnliches Schutzniveau erreicht wurde, ist das deutsche Arbeitsrecht in der Regel beiden Parteien bekannter. Risiken können hierdurch für beide Seiten minimiert werden. Zusätzlich sollte ein Gericht gewählt werden, das für die Rechtssache zuständig ist. Solche Prorogationen sind grundsätzlich zusätzlich. Es bietet sich an, das Gericht am Heimatort des Arbeitnehmers oder am Sitz des Arbeitgebers zu wählen.
Sozialversicherungsrechtliche Fragen
Aus sozialversicherungsrechtlicher Perspektive ist im Rahmen einer Entsendung vor allem die sogenannte Ausstrahlung zu beachten. Demnach gelten während der Dauer des Auslandsaufenthaltes weiterhin die deutschen Vorschriften des Sozialversicherungsrechts. Angeordnet wird dies in § 4 des vierten Sozialgesetzbuches (SGB IV). Sofern die Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 vorliegen, was bei einer Entsendung in der Regel der Fall sein dürfte, strahlt das deutsche Sozialversicherungsrecht ins Ausland aus. Es müssen also weiterhin Beiträge gezahlt werden. Kommt es während des Auslandsaufenthaltes zu einem Wechsel des Arbeitgebers, endet die Ausstrahlungswirkung von § 4 SGV IV. Das gilt auch dann, wenn weiterhin am selben Ort im Ausland gearbeitet wird. Die Ausstrahlung bleibt jedoch bestehen, wenn der Betrieb übergeht. Denn in diesem Fall geht nach § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches auch das Arbeitsverhältnis an den neuen Unternehmenseigner über.
Steuerrechtliche Aspekte
Da im Ausland gearbeitet wird, können dort auch Steuern fällig werden. Dies richtet sich jedoch nach dem Zielland. Grundsätzlich gilt aber, dass das empfangene Gehalt im Tätigkeitsstaat zu versteuern ist, wenn der Aufenthalt 183 Tage im Jahr überschreitet. Da jedoch die Gehaltszahlungen für Tätigkeiten in der ausländischen Betriebsstätte als Betriebsausgaben abgesetzt werden können, muss eine Besteuerung bereits früher erfolgen, wenn ein Arbeitnehmer in einer Betriebsstätte seines Arbeitgebers tätig wird, die sich im Ausland befindet.