Interessenausgleich: Interessenausgleich im Arbeitsrecht
Eine Betriebsänderung führt in der Regel zu Gewinnern und Verlierern im Betrieb. Zu den Gewinnern gehört dabei in erster Linie der Arbeitgeber, während die Arbeitnehmer häufig Einschnitte bei Gehalt oder Arbeitszeiten hinnehmen oder sogar um den Erhalt ihres Arbeitsplatzes fürchten müssen. Das Arbeitsrecht sieht daher einen sogenannten Interessenausgleich zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber vor. Dieser Interessenausgleich besteht in einer Einigung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber hinsichtlich Art und Ausmaß der geplanten Betriebsänderung. Ziel ist es, die Berücksichtigung der Interessen der Arbeitnehmer sicherzustellen.
Wichtiges Instrument der Mitbestimmung
Der Betriebsrat ist im deutschen Arbeitsrecht das zentrale Organ der innerbetrieblichen Mitbestimmung. Da sich der Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern grundsätzlich in einer Machtposition befindet, sind die Rechte des Betriebsrats gesetzlich geschützt, um eine Waffengleichheit zu ermöglichen. Grundlage für die Möglichkeit des Betriebsrats, seine Aufgaben wahrzunehmen, sind dabei zunächst die Informationspflichten. Insbesondere bei einer geplanten Betriebsänderung muss der Arbeitgeber den Betriebsrat frühzeitig informieren und in die weitere Planung mit einbeziehen. Um zu gewährleisten, dass der Arbeitgeber diese Pflicht nicht nur formal erfüllt, sondern der Betriebsrat tatsächlich Einwirkungsmöglichkeiten hat, sieht das Arbeitsrecht den Interessenausgleich vor. Dieser ermöglicht es dem Betriebsrat, Verhandlungen mit dem Arbeitnehmer über die Art sowie den Umfang der geplanten Betriebsänderung zu führen.
Abzugrenzen ist der Interessenausgleich vom Sozialplan, einem weiteren Bestandteil der innerbetrieblichen Gestaltungsrechte des Betriebsrats. Beide Instrumente setzen auf unterschiedlichen Stufen der Betriebsänderung an. Während der Interessenausgleich eine Beteiligung des Betriebsrats bei der Planung der Betriebsänderung, also im Vorfeld, ermöglicht, betrifft der Sozialplan die Abmilderung der negativen Folgen einer bereits erfolgten Betriebsänderung. In der Praxis wird diese klare Trennung aber selten eingehalten. So werden in Interessenausgleichsverhandlungen häufig Punkte festgehalten, die eigentlich zum Sozialplan gehören. Oder der Sozialplan enthält Regelungen, die dem Interessenausgleich zuzuordnen sind. Hierbei kommt es jedoch nicht auf die Wortwahl oder Bezeichnung durch die Verhandlungsparteien an. Stattdessen bestimmt sich die Rechtsnatur der einzelnen Bestimmungen einzig und allein nach ihrem Inhalt.
Inhalte des Interessenausgleichs
Der Interessenausgleich soll bereits auf der Planungsstufe der Betriebsänderung dafür sorgen, dass die Belastungen für die Arbeitnehmer möglichst gering bleiben. Typische Regelungen für den Interessenausgleich sind deshalb etwa Maßnahmen, die Entlassungen vermeiden sollen. So kann sich der Arbeitgeber beispielsweise verpflichten, Umschulungsmaßnahmen für Angestellte anzubieten, deren Arbeitsplatz nach der Betriebsänderung nicht mehr benötigt wird. Oder es wird ein Kurzarbeitssystem eingeführt, das dem Erhalt der Arbeitsplätze dienen soll. Im Rahmen des Interessenausgleichs können auch Richtlinien für die Auswahl der zu entlassenden Angestellten festgelegt werden. Hierdurch lässt sich häufig vermeiden, dass sozial benachteiligte Arbeitnehmer gekündigt werden.
Das Beteiligungsverfahren, in dem der Interessenausgleich ausgearbeitet werden soll, beginnt in der Regel mit dem Versuch einer innerbetrieblichen Einigung. In vielen Fällen, vor allem bei sehr umfangreichen und eingreifenden Betriebsänderungen, werden sich die Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmern jedoch nicht in diesem ersten Einigungsversuch ausgleichen lassen. Scheitert die innerbetriebliche Einigung, kann deshalb der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit eine Vermittlerrolle einnehmen. Häufiger ist in der Praxis jedoch die Einschaltung der Einigungsstelle. Führt auch die Einschaltung der Einigungsstelle zu keiner Lösung, erklärt diese die Verhandlungen für gescheitert. Die Konsequenz hieraus ist, dass der Arbeitgeber die Betriebsänderung ohne vollzogenen Interessenausgleich durchführen kann.