Scheinselbstständigkeit: Scheinselbstständigkeit und ihre Auswirkungen auf Arbeitgeber & Arbeitnehmer

Die Scheinselbstständigkeit ist mittlerweile ein geflügeltes Wort im Arbeitsrecht. Dort, wo tatsächlich eine Scheinselbstständigkeit vorliegt, kann diese schnell zum Problem für Arbeitgeber und Beschäftigte werden und stellt in der Masse sogar ein volkswirtschaftliches Problem dar. Allerdings sollte beachtet werden, dass die Rechtsprechung hohe Anforderungen an eine unzulässige Scheinselbstständigkeit stellt. Gerade bei tatsächlich selbstständigen Erwerbstätigen liegt trotz entsprechender Indizien häufig gar keine Scheinselbstständigkeit vor. Um den Problemen, die sich aus einer echten Scheinselbstständigkeit ergeben, vorbeugen zu können, sollten Arbeitgeber und Erwerbstätige die Grenzen der Scheinselbstständigkeit genau kennen.

Das Problem der Scheinselbstständigkeit ergibt sich vor allem aus der Privilegierung von selbstständigen Erwerbstätigen gegenüber Angestellten. Während der Arbeitgeber verpflichtet ist, Sozialbeiträge für seine Angestellten abzuführen und diese damit sozial abgesichert sind, ist der Selbstständige für seine Absicherung selbst verantwortlich. Für Arbeitnehmer wäre es deshalb vorteilhaft, die Arbeit nur von Selbstständigen erledigen zu lassen. Dem schiebt das Arbeitsrecht jedoch einen Riegel vor. Die Abgrenzung zwischen Arbeitsverhältnis und Selbstständigkeit wird anhand objektiver Kriterien vorgenommen. Scheinselbstständigkeit liegt also dann vor, wenn die Erwerbstätigkeit formal selbstständig ausgeführt wird, obwohl objektiv gesehen ein Angestelltenverhältnis vorliegt.

Wann liegt Scheinselbstständigkeit vor?

Das Arbeitsrecht hat das Ziel, alle in der deutschen Volkswirtschaft relevanten Beschäftigungsverhältnisse rechtlich zu regeln. Aufgrund der vielfältigen Ausgestaltungen denkbarer Arbeitsverhältnisse kann das Arbeitsrecht allerdings nur Grundsätze und besonders häufig vorkommende Konstellationen regeln. Eine Einzelfallgerechtigkeit ist alleine aufgrund des Arbeitsrechts also nicht möglich. Deshalb enthält das Arbeitsrecht auch keine klaren, objektiven Kriterien zur Unterscheidung zwischen Angestelltenverhältnis und Scheinselbstständigkeit. Vielmehr kommt es hierbei auf eine Betrachtung des Einzelfalls und seiner Umstände an.

Die Frage, ob eine konkrete Erwerbstätigkeit noch eine zulässige Selbstständigkeit ist oder ob eine Scheinselbstständigkeit vorliegt, beschäftigt deshalb regelmäßig die Gerichte und Anwälte für Arbeitsrecht. Aufgrund dieser Schwierigkeit, die Rechtsnatur einer Geschäftsbeziehung zwischen einem Unternehmen und einem Mitarbeiter zu bestimmen, sollte bei neuen Arbeitsverhältnissen deshalb stets eine kompetente Rechtsberatung eingeholt werden. Denn falls sich im Nachhinein herausstellt, dass eine Selbstständigkeit vorliegt, drohen hohe Geldbußen sowie die Rückzahlung der nicht abgeführten Sozialbeiträge. Im Ernstfall kann Scheinselbstständigkeit ein Unternehmen sogar in die Insolvenz treiben.

Einbindung in Betrieb

Besonders genau sollte das Vorliegen einer Selbstständigkeit vor allem dann überprüft werden, wenn der Mitarbeiter im Betrieb eingebunden ist, allerdings nicht an Angestellter, sondern als Selbstständiger geführt wird. Unter der Einbindung in den Betrieb wird in der Regel die Ausfüllung einer Rolle in der allgemeinen Arbeitsorganisation des Betriebs verstanden. Nimmt der Erwerbstätige also beispielsweise in der Hierarchie des Betriebes eine bestimmte Rolle ein, in der er einerseits Weisungen des Arbeitgebers erhält und andererseits weisungsberechtigt gegenüber anderen Arbeitnehmern ist, spricht viel dafür, diese Tätigkeit als abhängiges Angestelltenverhältnis zu qualifizieren. In diesen Fällen wäre es also unzulässig, das Arbeitsverhältnis als Selbstständigkeit zu qualifizieren.

In Einzelfällen treten dennoch Abgrenzungsprobleme auf. Das gilt insbesondere bei sogenannten freien Mitarbeitern. Diese erledigen ihre Arbeit für den Betrieb nicht als Angestellter, wobei die Arbeit aber durchaus Parallelen zu einem angestellten Verhältnis aufweist. Die Unterschiede liegen hier zumeist darin, dass der freie Mitarbeiter gegenüber dem Unternehmen weisungsfrei ist und eben nicht in die Betriebsabläufe eingebunden ist. Stattdessen erfüllt der freie Mitarbeiter seine Arbeit eigenverantwortlich. Ein Indiz für eine Einbindung in den Betrieb ist etwa die Vergleichbarkeit der Arbeit des freien Mitarbeiters mit der eines festen Angestellten. Wenn freie Mitarbeiter also die gleiche Arbeit erledigen wie fest angestellte Kollegen, spricht viel für Scheinselbstständigkeit.

Abgrenzung zum Angestelltenverhältnis

Die Abgrenzung zum normalen Angestelltenverhältnis ist grundsätzlich das geringste Problem bei der Bewertung von Scheinselbstständigkeit. Der Angestellte unterliegt gegenüber dem Arbeitgeber nach dem Arbeitsrecht einem umfassenden Weisungsrecht. Der Arbeitgeber hat demnach das Recht, die Arbeitsleistung jederzeit abzurufen und kann konkrete Vorgaben zur Art und Weise der Erledigung dieser Arbeitsleistung machen. Darüber hinaus ist der Arbeitnehmer in der Regel nur für den einen, konkreten Betrieb tätig. Der Selbstständige hat gegenüber dem Arbeitgeber dagegen eine größere Eigenverantwortung und entscheidet selbst über die Art und Weise seiner Leistungserbringung.

Folgen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist diese Unterscheidung zwischen Angestelltenverhältnis und Selbstständigkeit von größter Wichtigkeit. Denn hieraus ergeben sich wesentliche Rechte und Pflichten des Arbeitsrechts. Während der Arbeitgeber die Sozialabgaben für Angestellte selbst und rechtzeitig abführen muss, besteht diese Pflicht gegenüber Selbstständigen nicht. Angestellte haben im Vergleich zu Selbstständigen daher den Vorteil der sozialen Absicherung über den Arbeitgeber.

Arbeitsrecht bevorzugt Angestellte

Außerdem haben Angestellte einen Anspruch auf regelmäßige Zahlung des vereinbarten Arbeitsentgelts, der selbst bei Krankheit und Urlaub als Entgeltfortzahlungsanspruch bestehen bleibt. Demgegenüber haben Selbstständige nur dann einen Anspruch auf Entlohnung, wenn sie ihre Leistung auch tatsächlich erbringen. Das Risiko des Verdienstausfalls bei Krankheit tragen sie also selbst. Für Scheinselbstständige, die eigentlich eine Tätigkeit ausüben, die einem typischen Angestelltenverhältnis entspricht, ist die Scheinselbstständigkeit deshalb sehr nachteilhaft. In diesen Fällen sollte Rechtsberatung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht eingeholt werden, ob im konkreten Fall eine Scheinselbstständigkeit vorliegt.

Abgrenzung zur Selbstständigkeit

Deutlich schwieriger gestaltet sich die Abgrenzung der Scheinselbstständigkeit zu einer normalen, also zulässigen Selbstständigkeit. Selbstständige stellen in Deutschland einen erheblichen volkswirtschaftlichen Faktor dar, dennoch sind die meisten Regelungen des auf Arbeitnehmer zugeschnittenen Arbeitsrechts nicht auf sie anwendbar. Auch sind sie im Gegensatz zu Angestellten für die Abführung ihrer Sozialversicherungsbeiträge selbst verantwortlich. Dies gilt jedoch nicht für Fälle der Selbstständigkeit, in denen eigentlich ein normales Angestelltenverhältnis vorliegt. Die Trennlinie zwischen diesen beiden Polen verläuft jedoch fließend, nicht einmal Anwälte für Arbeitsrecht können absolute Kriterien für diese Unterscheidung aufstellen. Stattdessen kommt es in erster Linie auf den Einzelfall an.

Wie fließend die Grenzen zwischen zulässiger Selbstständigkeit und Scheinselbstständigkeit sind, zeigt sich vor allem bei den Selbstständigen, die ausschließlich für einen einzigen Auftraggeber tätig sind. Hier wird schnell eine Vermutung dafür sprechen, dass eine Scheinselbstständigkeit vorliegt. Tatsächlich hat die Rechtsprechung jedoch häufig festgestellt, dass diese exklusive Tätigkeit alleine allenfalls ein Indiz für die Scheinselbstständigkeit darstellen kann. Eine Selbstständigkeit lässt sich deshalb nur dann eindeutig feststellen, wenn noch weitere Umstände hierfür vorliegen.

Abgrenzung zum arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen

Arbeitnehmerähnliche Selbstständige stellen einen Sonderfall unter den Selbstständigen dar. Bei arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen handelt es sich um Selbstständige, die nur für einen Arbeitnehmer tätig sind und darüber hinaus keine eigenen Angestellten beschäftigen. In diesen Fällen geht das Arbeitsrecht davon aus, dass zwar eine Selbstständigkeit vorliegt, diese einem Angestelltenverhältnis jedoch derart ähnlich ist, dass eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht. Ausnahmsweise können arbeitnehmerähnliche Selbstständige von der Rentenversicherungspflicht befreit werden, wenn es sich um Existenzgründer in den ersten drei Jahren nach Aufnahme der Erwerbstätigkeit handelt. Gleiches gilt für arbeitnehmerähnliche Selbstständige, die diese Voraussetzung erstmals nach Erreichen des 58. Lebensjahres erfüllen.

Schutz arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger

Es sollte beachtet werden, dass diese Regelungen dem sozialen Schutz der arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen dienen. Denn in diesen Fällen besteht häufig die Situation, dass die arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen im Betrieb die gleiche Arbeit verrichten wie Arbeitnehmer und in einem ähnlichen Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem einzigen Auftraggeber stehen. Dementsprechend muss auch ihr Rentenanspruch vergleichbar gesichert sein.

Anspruch auf Urlaub und Lohnfortzahlung

Darüber hinaus haben auch arbeitnehmerähnliche Selbstständige Rechte, die sich mit anderen Arbeitnehmern vergleichen lassen. Dazu zählen insbesondere der Urlaubsanspruch und der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall. Sofern die Voraussetzungen der arbeitnehmerähnlichen Selbstständigkeit erfüllt werden, ohne dass diese Ansprüche gewährt oder Beiträge an die Rentenversicherung gezahlt werden, liegt also ein Fall der Scheinselbstständigkeit vor. Da es bei dieser Unterscheidung immer auf den konkreten Einzelfall ankommt, sollte im Zweifel ein Fachanwalt für Arbeitsrecht mit der Prüfung beauftragt werden.

Indizien für eine Scheinselbstständigkeit

Das Arbeitsrecht bietet leider keine absoluten Kriterien für die Abgrenzung zwischen Scheinselbstständigkeit und zulässiger Selbstständigkeit. Das wäre aufgrund der Vielzahl denkbarer Konstellationen mit all ihren individuellen Besonderheiten auch gar nicht möglich. Allerdings gibt es eine Vielzahl von Indizien, die über die Jahrzehnte insbesondere in der arbeitsrechtlichen Literatur und Rechtsprechung entwickelt wurden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass es sich lediglich um Indizien handelt. Das Vorliegen eines oder sogar mehrerer dieser Indizien bedeutet also noch nicht zwangsläufig, dass tatsächlich eine Scheinselbstständigkeit vorliegt. Stattdessen kommt es stets auf eine umfassende Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls an.

Die Einordnung einer bestimmten Tätigkeit als zulässige Selbstständigkeit oder Angestelltenverhältnis beziehungsweise arbeitnehmerähnliche Selbstständigkeit hat erhebliche Konsequenzen für Arbeitgeber und Angestellte. Denn gerade aus der Bestimmung dieses Verhältnisses ergeben sich die konkreten Rechte und Pflichten sowie die Notwendigkeit der Abführung von Sozialbeiträgen. Deshalb ist es wichtig, sich in Zweifelsfällen kompetente Rechtsberatung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht einzuholen. Dies gilt sowohl für Arbeitgeber, die die Zulässigkeit der Beschäftigungsverhältnisse in ihrem Betrieb überprüfen lassen wollen, wie auch für die Selbstständigen.

Weisungsrecht

Das Weisungsrecht des Arbeitgebers ist eines seiner wesentlichen Rechte gegenüber dem Arbeitnehmer im Arbeitsrecht. Das Weisungsrecht wird dabei in drei verschiedene Komponenten unterteilt. Erstens steht dem Arbeitgeber das Weisungsrecht in zeitlicher Hinsicht zur Verfügung. Er kann also selbst entscheiden, wann er die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers einfordert und etwa feste Arbeitszeiten vornehmen. Zweitens hat er auch das fachliche Weisungsrecht, kann dem Arbeitnehmer als konkrete Vorgaben machen, in welcher Art und Weise oder mit welchen Mitteln er seine Arbeitsleistung zu erbringen hat. Drittens steht dem Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern auch das örtliche Weisungsrecht zu, er kann also festlegen an welchem Ort der Arbeitnehmer seine Leistung erbringen muss.

In der Praxis sind aber viele Konstellationen denkbar, in denen ein Selbstständiger zwar dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt, aber dennoch keine Scheinselbstständigkeit gegeben ist. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Selbstständiger damit beauftragt wird, eine denkmalgeschützte Orgel in einer Kirche zu reparieren. Der Auftraggeber kann hier natürlich verlangen, dass die Arbeiten örtlich in der Kirche und fachlich nach den einschlägigen Regeln des Handwerks durchgeführt werden und auch die Auflagen zum Denkmalschutz erfüllen. Auch kann er verlangen, dass die Arbeiten ausschließlich in den Zeiten zwischen Gottesdiensten stattfinden. Dementsprechend kann der Arbeitgeber also sein volles Weisungsrecht in Einzelfällen auch gegenüber Selbstständigen nutzen.

Aufträge dürfen nicht abgelehnt werden

Der Arbeitnehmer ist grundsätzlich dazu verpflichtet, alle Arbeitsaufträge, die ihm vom Arbeitgeber erteilt werden, auch auszuführen. Ausnahmen von diesem Grundsatz können sich höchstens daraus ergeben, dass die Tätigkeit nicht der Aufgabenbeschreibung im Arbeitsvertrag entspricht, oder dass sonstige wichtige Gründe entgegenstehen. Demgegenüber zeichnet sich der Selbstständige durch eine große Freiheit gegenüber dem Auftraggeber aus. Hier gilt der Grundsatz der Privatautonomie, der Selbstständige kann also jederzeit Aufträge ablehnen. Steht ihm dieses Recht gegenüber dem Arbeitgeber nicht zu, spricht ein Indiz für das Vorliegen von Scheinselbstständigkeit.

Auch hier kommt es jedoch stark auf die Umstände des Einzelfalls an. So wird in der Praxis häufig der Fall vorliegen, dass ein Selbstständiger zwar Aufträge ablehnen, der Auftraggeber hierauf aber wiederum mit der Beendigung der Geschäftsbeziehung reagieren kann. Dies ist jedoch nicht mit der Situation vergleichbar, in der einem Arbeitnehmer wegen der unberechtigten Ablehnung von Arbeitsaufträgen die Kündigung ausgesprochen wird. Vielmehr liegt auch hier ein normaler Fall der Privatautonomie vor. Für die Abgrenzung kommt es also mehr auf die Verpflichtung zur Erledigung von Aufträgen an, deren Inhalt und Umfang alleine vom Auftraggeber bestimmt wird. Je mehr Freiheit dem Selbstständigen hierbei zukommt, je mehr Einflussmöglichkeiten er also auf den konkreten Auftrag hat, desto eher ist die Selbstständigkeit auch zulässig.

Arbeit in den Räumen des Arbeitgebers

Die typische Situation des Angestelltenverhältnisses bringt es mit sich, dass die Arbeitnehmer ihre Arbeit in den Räumen des Betriebs oder anderen Räumen verrichten, die ihnen vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden. Es spricht also eine Vermutung dafür, dass sämtliche Erwerbstätigen, die in diesen Räumen arbeiten, Angestellte sind, was eine Selbstständigkeit grundsätzlich unzulässig machen würde. Wie so oft gibt es in der Realität aber viele Ausnahmen, weshalb auch dieses Kriterium höchstens als Indiz, nicht jedoch als absoluter Beweis für die Scheinselbstständigkeit herangezogen werden kann.

So ist es zum Beispiel im Fall von Bürogemeinschaften nicht als Scheinselbstständigkeit zu werten, wenn Selbstständige zwar ausschließlich in den Räumen des Auftraggebers tätig sind, diesem gegenüber jedoch nicht weisungsverpflichtet sind. In solchen Fällen müssen neben der örtlich begrenzten Tätigkeit also noch weitere Indizien hinzutreten, die in der Gesamtschau dann das Bild einer Scheinselbstständigkeit ergeben. Aufgrund der vielen Details, die bei dieser Einordnung berücksichtigt werden müssen, ist dringend zu raten, im Einzelfall einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu konsultieren.

Fester Arbeitsplatz

Ein fester Arbeitsplatz kann in zweierlei Hinsicht ein Indiz für das Vorliegen von Scheinselbstständigkeit sein. Einerseits spricht ein örtlich fester Arbeitsplatz im Betrieb dafür, dass ein Angestelltenverhältnis vorliegt, weil der Mitarbeiter fest in die Betriebsstrukturen eingegliedert ist. Andererseits kann auch eine Arbeitsplatzgarantie eine solche Vermutung begründen. Liegt ein Arbeitsvertrag vor, ist die Abgrenzung zwischen Angestelltenverhältnis und Selbstständigkeit natürlich völlig unproblematisch. Anders sieht aber etwa mit Rahmenverträgen aus, die Selbstständige mit einem Auftraggeber abschließen, die eine bestimmte Anzahl von Aufträgen in einer gewissen Regelmäßig garantieren. Grundsätzlich sind solche Rahmenverträge natürlich zulässig und werden von vielen Selbstständigen genutzt. Allerdings muss dann geprüft werden, ob sich aus dem Zusammenspiel mit weiteren Indizien, etwa einem umfassenden Weisungsrecht des Auftraggebers, nicht eine Scheinselbstständigkeit ergibt.

Grundsätzlich kommt es deshalb darauf, in welchem Ausmaß der Erwerbstätige gegenüber dem Arbeitgeber Freiheit in Anspruch nehmen kann. Gegen die Scheinselbstständigkeit spricht es zum Beispiel, wenn der Erwerbstätige die Aufträge jederzeit ablehnen und sogar die ganze Geschäftsverbindung zum Auftraggeber einseitig beenden kann. Kündigungsfristen, die im beiderseitigen Interesse stehen, sprechend dabei jedoch nicht zwangsläufig dafür, dass es sich objektiv um ein Angestelltenverhältnis handelt.

Auch eine auf den ersten Blick offensichtliche Einbindung in den Betrieb durch einen örtlich festen Arbeitsplatz spricht nicht zwangsläufig gegen eine zulässige Selbstständigkeit. Das gilt vor allem für Tätigkeiten, die ihrer Natur nach nur in den Räumen des Betriebes durchgeführt werden können. So ist es zum Beispiel zulässig, die Wartung von betriebseigenen Maschinen auf einen externen Subunternehmer auszulagern. Hier liegt eine Scheinselbstständigkeit zumindest dann nicht vor, wenn der Subunternehmer selbst Angestellte beschäftigt. Das gilt auch dann, wenn die Tätigkeit ausschließlich in den Betriebsräumen durchgeführt wird.

Namentliche Nennung im Telefonverzeichnis

Kommt es im Rahmen einer Betriebsprüfung zur Überprüfung von Arbeitsverhältnissen hinsichtlich einer Scheinselbstständigkeit, kann dies vor allem für den Unternehmer sehr negative Konsequenzen von Rückzahlungsforderungen bis hin zu hohen Geldbußen haben. Die Kontrolleure achten dabei in der Regel auf typische Indizien, die häufig für eine Scheinselbstständigkeit sprechen. Dazu gehört das Telefonverzeichnis des Betriebes. Wenn Personen hier geführt werden, spricht dies in der Regel deutlich für eine Scheinselbstständigkeit. Denn dann liegt auch eine nach außen kommunizierte Integration in die betriebliche Organisation vor.

Vorsicht bei Bezeichnungen

Es ist zwar grundsätzlich zulässig, auch externe, selbstständige Mitarbeiter im Telefonverzeichnis zu erwähnen. Dann muss allerdings ausreichend kenntlich gemacht werden, dass diese nicht zum Betrieb gehören. Dies kann etwa dadurch geschehen, dass deren Funktion, zum Beispiel als freier Mitarbeiter oder Berater deutlich herausgestellt wird. Umgekehrt entlastet eine solche Bezeichnung alleine natürlich noch nicht vom Vorwurf der Scheinselbstständigkeit. Vielmehr geht es darum, nicht allzu viele Indizien zu schaffen, die am Ende zu einer folgenschweren Entscheidung der Kontrollinstanzen führen.

Auch E-Mail-Adressen werden geprüft

Ebenso wie das Telefonverzeichnis können auch die E-Mail-Adressen im Betrieb ein Indiz für Scheinselbstständigkeit sein. Ein freier Mitarbeiter, der angeblich selbstständig sein soll, aber eine E-Mail-Adresse mit der Domain des Betriebes nutzt, könnte in den Augen der Kontrolleure also scheinselbstständig beschäftigt sein. Fachanwälte für Arbeitsrecht achten bei der Beratung von Betrieben deshalb in der Regel auch auf solche unscheinbaren Details, um Zweifel an der Legalität von Geschäftsbeziehungen zu Selbstständigen von vorne herein nicht aufkommen zu lassen.

Feste Arbeitszeiten

Ein wesentliches Kriterium für die Abgrenzung zwischen einem Angestelltenverhältnis und Selbstständigkeit ist die Existenz von festen Arbeitszeiten. Bei Arbeitnehmern enthält der Arbeitsvertrag in der Regel detaillierte Vereinbarungen zur Dauer der Arbeitszeit sowie den konkreten Uhrzeiten und Arbeitstagen. Der Selbstständige kann seine Arbeitszeit dagegen frei einteilen. Auch hierbei handelt es sich jedoch um kein absolutes Kriterium. Denn Ausnahmen sind in beide Richtungen denkbar.

Flexible Arbeitszeiten

So spricht freie Zeiteinteilung nicht unbedingt gegen ein festes Arbeitsverhältnis. In den letzten Jahren wurden Modelle mit flexiblen Arbeitszeiten immer populärer. Besonders bekannt ist dabei die sogenannte Gleitzeit, bei der Arbeitnehmer zwar ein bestimmtes Arbeitspensum pro Tag ableisten müssen, dieses jedoch mehr oder weniger frei auf den Arbeitstag verteilen können. Häufig wird ein Teil der Arbeitszeit dabei als Kernarbeitszeit mit Anwesenheitspflicht ausgestaltet, während die übrige Arbeitszeit frei geplant werden kann. Die Existenz einer gewissen Freiheit bei der Zeiteinteilung spricht also nicht zwingend gegen eine Scheinselbstständigkeit.

Arbeitszeiten trotz Selbstständigkeit

Auch der umgekehrte Fall ist möglich. In vielen Situationen machen es die Interessen von Auftraggeber und Selbstständigen nötig, dass die freie Arbeit zu bestimmten Zeiten durchgeführt wird. Dies bedeutet jedoch noch nicht, dass eigentlich ein Angestelltenverhältnis vorliegt. Vielmehr kommt es auch hier auf den Einzelfall an. Gegen eine Scheinselbstständigkeit spricht etwa, dass die festen Arbeitszeiten nur vorübergehend oder projektbezogen vereinbart wurden. Auch die Freiheit und Möglichkeit der Einflussnahme des Selbstständigen auf die Vereinbarung der Arbeitszeiten muss berücksichtigt werden. Ein Indiz für eine Scheinselbstständigkeit liegt deshalb zum Beispiel dann vor, wenn der Auftraggeber mit allen Beschäftigten die gleichen Arbeitszeiten vereinbart.

Verpflichtung zur Wahrnehmung von Terminen

Im Gegensatz zum Selbstständigen ist der Arbeitnehmer grundsätzlich dazu verpflichtet, vom Arbeitgeber vorgegebene Termine, etwa für Meetings, Arbeitsaufträge oder Abgabefristen wahrzunehmen. Der Selbstständige kann seine Arbeitszeit dagegen frei einteilen. Dennoch können Auftraggeber und Selbstständige natürlich konkrete Termine im jeweiligen Vertrag vereinbaren, deren Wahrnehmung dann auch zu den Pflichten des Selbstständigen gehören. Das macht die Abgrenzung zur Scheinselbstständigkeit teilweise schwierig. Deshalb kann die Verpflichtung zur Wahrnehmung von Terminen stets nur ein Indiz, aber keinen Beweis für eine Scheinselbstständigkeit darstellen.

Unterschiedliche Konsequenzen

Deutliche Unterschiede bestehen jedoch hinsichtlich der Konsequenzen, die der Auftraggeber bei der Nichteinhaltung von Terminen ziehen kann. Das Arbeitsrecht sieht in diesem Fall bei Arbeitnehmern vor, dass eine Verwarnung ausgesprochen werden kann, bei wiederholten Verfehlungen kann auch eine Abmahnung erfolgen. Die nächsten Schritte bestehen in der Kürzung des Arbeitsentgelts bis hin zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Gegenüber dem Selbstständigen stehen dem Auftraggeber jedoch keine Disziplinierungsmittel zur Verfügung, stattdessen kann er lediglich den Vertrag kündigen und gegebenenfalls Schadensersatz fordern.

Verträge prüfen lassen

Die Abgrenzung zur Scheinselbstständigkeit erweist sich bei Verträgen, die feste Termine vorsehen, also als durchaus schwierig. Um juristische Komplikationen zu vermeiden, sollte deshalb auf jeden Fall ein Fachanwalt für Arbeitsrecht eingeschaltet werden. Dieser wird das Beschäftigungsverhältnis umfassend prüfen und sämtliche für oder gegen die Scheinselbstständigkeit sprechenden Indizien berücksichtigen. Die Überprüfung der Verträge bietet sich nicht nur für Unternehmer an, die juristisch auf der sicheren Seite sein wollen. Auch Arbeitnehmer, die offiziell als Selbstständige geführt werden, sollten im Interesse ihrer eigenen sozialen Absicherung eine Rechtsberatung in Anspruch nehmen.

Fehlendes Unternehmerrisiko

Das deutsche Arbeitsrecht sorgt dafür, dass das unternehmerische Risiko klar zu Lasten des Arbeitnehmers verteilt ist. Während Angestellte in einem festen Arbeitsverhältnis sozial abgesichert sind, da sie Anspruch auf ein regelmäßiges Arbeitsentgelt haben und nur unter sehr engen engen Voraussetzungen gekündigt werden können, trägt der Arbeitnehmer sowohl die Verantwortung für unternehmerische Entscheidungen, als auch das Risiko des wirtschaftlichen Misserfolges. Auch Selbstständige tragen grundsätzlich ihr eigenes unternehmerisches Risiko, was sie gerade von Angestellten unterscheidet.

Wichtiges Indiz

Trägt ein Selbstständiger etwa durch seine engen Geschäftsbeziehungen mit einem einzigen Auftraggeber überhaupt kein unternehmerisches Risiko, ist dies ein sehr starkes Indiz dafür, dass Scheinselbstständigkeit vorliegt. Diese Situation liegt vor allem dann vor, wenn der Selbstständige ein regelmäßiges Einkommen vom Auftraggeber bezieht, insbesondere, wenn dieses im Vertrag als Arbeitsentgelt bezeichnet ist. Viel wichtiger als die formale Bezeichnung sind allerdings die Umstände des Einzelfalls. So ist es grundsätzlich zulässig, dass ein Selbstständiger ausschließlich für einen Auftraggeber tätig wird und einen Großteil oder sogar seine gesamten Einkünfte aus dieser Geschäftsbeziehung erhält. Wichtig ist aber, dass sich diese Einkünfte dann nach der jeweiligen Gegenleistung richten und nicht fix und auf Dauer festgelegt werden, da dies eher einem klassischen Arbeitsentgelt entspricht.

Eigene Arbeitnehmer

Selbst bei sehr engen Geschäftsbeziehungen zwischen Selbstständigen und einem einzigen Unternehmer spricht eine Vermutung gegen das Vorliegen von Scheinselbstständigkeit, wenn der Selbstständige selbst Angestellte beschäftigt und diese zur Erfüllung seiner Verpflichtungen einsetzt. Denn in dieser Situation trägt der Selbstständige gerade das klassische unternehmerische Risiko, das mit zulässiger Selbstständigkeit verbunden ist.

Kein eigenständiger Marktauftritt

Wie das unternehmerische Risiko gehört auch der eigenständige Marktauftritt zu den wichtigsten Indizien für die Unterscheidung zwischen Scheinselbstständigkeit und zulässiger Selbstständigkeit. Da Selbstständige im Unterschied zu Angestellten gerade keinen Anspruch darauf haben, die vereinbarte Arbeit auch ableisten zu dürfen und sich dadurch das Arbeitsentgelt zu verdienen, müssen sich Selbstständige selbst um das Anwerben von Kunden kümmern. Dies setzt zunächst voraus, dass der Selbstständige überhaupt offen für Geschäftsbeziehungen zu neuen Kunden ist. In der Praxis gibt es jedoch häufig Situationen, in denen das nicht der Fall ist, aber dennoch nicht von einer Scheinselbstständigkeit gesprochen werden kann. Das ist etwa der Fall, wenn im beiderseitigen Interesse der Vertragsparteien ein Wettbewerbsverbot vereinbart wird.

Ob ein derartiger eigener Marktauftritt im Einzelfall vorliegt, kann in der Praxis also nur schwer eindeutig bestimmt werden. Denn selbst wenn der Selbstständige zum Beispiel keine eigene Webseite oder andere Werbemaßnahmen unterhält, steht dies einer zulässigen Selbstständigkeit grundsätzlich nicht entgegen. Auch ein Wettbewerbsverbot begründet für sich genommen noch keine Selbstständigkeit. Stattdessen muss in jedem Einzelfall eine Abwägung aller konkreten Umstände vorgenommen werden. Ergibt sich dabei das Bild, dass der Selbstständige eindeutig in den Betrieb des Unternehmers eingebunden ist und einem Angestellten gleichsteht, liegt eine Scheinselbstständigkeit vor. Deshalb sollte vor allem in den Fällen, in denen ein eigener und ernsthafter Marktauftritt nicht vorliegt, ein Anwalt für Arbeitsrecht konsultiert werden, um die Geschäftsbeziehung auf ihre Zulässigkeit hin zu überprüfen.

Persönliche Leistungspflicht

In der Rechtsprechung wurden über die Jahre viele Kriterien entwickelt, die für die Abgrenzung zwischen Scheinselbstständigkeit und einer zulässigen selbstständigen Erwerbstätigkeit relevant sind. Zu den wichtigsten dieser Kriterien gehört die persönliche Leistungspflicht. Denn der Arbeitnehmer verpflichtet sich gegenüber dem Arbeitgeber stets, seine Arbeitsleistung in eigener Person zu erbringen. Will der Arbeitnehmer hierfür Hilfspersonen einsetzen, kann der Arbeitgeber dies grundsätzlich ablehnen. Im Gegensatz hierzu ist der Selbstständige dazu berechtigt, Hilfspersonen zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten einzusetzen. Häufig sind das etwa Angestellte des Selbstständigen. Dies ist stets ein gewichtiges Indiz dafür, dass keine Scheinselbstständigkeit vorliegt.

Nicht immer aussagekräftig

Wenn keine persönliche Leistungspflicht vorliegt, spricht dies stets dafür, dass kein Angestelltenverhältnis vorliegt, die Selbstständigkeit ist in diesen Fällen also zulässig. In Ausnahmefällen kann es aber zu der Situation kommen, dass auch der selbstständig Erwerbstätige gegenüber dem Arbeitnehmer persönlich leistungspflichtig ist. Das gilt insbesondere, wenn der Arbeitnehmer ein besonderes Interesse daran hat, dass der Vertragspartner seine Leistung in eigener Person erbringt. Denkbar sind hier etwa Geschäftsbeziehungen in Bereichen, die eine ganz besondere Sachkunde oder ein besonderes Renommee des Selbstständigen erfordern, was zum Beispiel häufig bei Beraterverträgen der Fall ist.

Eigene Beschäftigte

In diesen Fällen liegt zumindest dann eindeutig keine Selbstständigkeit vor, wenn der selbstständig Erwerbstätige über eigene Angestellte verfügt. Diese muss er in der konkreten Geschäftsbeziehung also nicht einsetzen. Wichtig ist dann aber, dass die Geschäftsbeziehung zum Unternehmer noch zum ansonsten üblichen Gewerbe des Selbstständigen gehört. Ein selbstständiger Rechtsanwalt, der in seiner Kanzlei Mitarbeiter beschäftigt, kann in einer ganz anderen Funktion, zum Beispiel innerhalb eines anderen Unternehmens, durchaus Angestellter sein.

Tätigkeit wird auch von Angestellten ausgeübt

Kommt es in einem größeren Betrieb mit mehreren Angestellten zu einer Überprüfung bezüglich Scheinselbstständigkeit, werden die angeblich selbstständigen Tätigkeiten mit den Tätigkeiten der Angestellten verglichen. Je mehr Ähnlichkeiten und je weniger Unterschiede es zwischen diesen Tätigkeiten gibt, desto eher spricht dies für Scheinselbstständigkeit. Da die Auslagerung von Arbeitsaufträgen auf Selbstständige für den Arbeitgeber mit deutlich geringeren Kosten verbunden ist und er für diese im Gegensatz zu Angestellten keine Sozialabgaben abführen muss, versuchen viele Arbeitgeber hier zu tricksen.

Umgehung des Arbeitsrechts

So hat es sich in der Praxis als Problem herausgestellt, dass die strengen Regeln des Arbeitsrechts in vielen Betrieben nicht für alle Beschäftigten gelten, weil die Arbeitsverhältnisse teilweise unzulässig als selbstständige Tätigkeit ausgestaltet werden. Für den Arbeitgeber hat dies neben den eingesparten Lohnnebenkosten den Vorteil, dass die im Arbeitsrecht vorgesehene Privilegierung des Arbeitsverhältnisses nicht greift. So genießen Selbstständige im Gegensatz zu Angestellten etwa keinen Schutz vor ungerechtfertigten Kündigungen. Obwohl die Scheinselbstständigkeit für die Erwerbstätigen selbst also nachteilig ist, nehmen viele Arbeitssuchende diese Jobs dennoch an.

Betriebsrat einschalten

Diese Beschäftigten sind jedoch nicht gänzlich schutzlos gestellt. Denn wenn sich herausstellt, dass das Arbeitsverhältnis tatsächlich als Angestelltenverhältnis zu qualifizieren ist, also Scheinselbstständigkeit vorliegt, ist der Arbeitgeber versichert, die Lohnnebenkosten nachzuzahlen. Der Beschäftigte wird dann gestellt, als sei von Anfang ein wirksames Angestelltenverhältnis vereinbart gewesen. In Unternehmen, in denen ein Betriebsrat existiert, sollte dieser deshalb eingeschaltet werden, um die Rechte des Beschäftigten zu prüfen und nötigenfalls auch umzusetzen. Denn es gehört gerade zu den Kernaufgaben des Betriebsrats, dafür zu sorgen, dass der Arbeitgeber seine Verpflichtungen nicht durch unzulässige Scheinselbstständigkeit umgeht.

Anzahl der Auftraggeber und Arbeitnehmer ist nicht entscheidend

Wenn ein Selbstständiger für mehrere Auftraggeber tätig ist, spricht zwar ein Indiz dafür, dass keine Scheinselbstständigkeit vorliegt. Ein Beweis ist das jedoch nicht. Denn in der Praxis gibt es viele Fälle, in denen ein Selbstständiger zwar mehrere Kunden hat, in den Betrieb eines dieser Kunden aber derart eng eingebunden ist, dass er eigentlich eine Position einnimmt, die mit einem Angestellten identisch ist. Selbst wenn die Geschäftsbeziehungen zu allen anderen Kunden zulässig sind, kann in dieser einen Geschäftsbeziehung dann Scheinselbstständigkeit vorliegen. Es geht bei der Überprüfung also nicht um die Frage, ob ein bestimmter Selbstständiger scheinselbstständig tätig ist. Vielmehr muss jede einzelne Geschäftsbeziehung für sich überprüft werden.

Gleiches gilt für das Indiz der Angestellten auf Seiten des Selbstständigen. In der Regel wird vermutet, dass ein Erwerbstätiger, der selbst Angestellte beschäftigt, unternehmerisch tätig ist. Eine Scheinselbstständigkeit liegt hier also eher fern. Allerdings gilt dies nur, wenn die Angestellten in der konkreten Geschäftsbeziehung auch tatsächlich eingesetzt werden. Der Selbstständige muss sich seiner Angestellten also bedienen, um seine konkrete Verbindlichkeit gegenüber dem Arbeitgeber zu erfüllen. Das führt dazu, dass selbst ein Unternehmer mit hunderten von Angestellten scheinselbstständig sein kann, wenn er in einem ganz anderen Erwerbsverhältnis von einem anderen Arbeitgeber abhängig ist.

Am Ende entscheidet die Bewertung des Einzelfalls

Die Frage, ob in einem konkreten Beschäftigungsverhältnis eine Scheinselbstständigkeit zu sehen ist oder nicht, beschäftigt regelmäßig die Gerichte. Häufig gehen die Verfahren dabei über mehrere Instanzen und es kommt zu unterschiedlichen Entscheidungen. In der Praxis kommt es etwa häufig vor, dass ein Gericht zunächst von Scheinselbstständigkeit ausgeht und diese Entscheidung dann in der nächsten Instanz aufgehoben wird. Bereits das zeigt, dass das Vorliegen von Scheinselbstständigkeit in der Praxis nur sehr schwer objektiv zu bestimmen ist. Zwar wird es in der Regel viele Indizien geben, die für oder gegen eine Scheinselbstständigkeit sprechen. Eindeutige Beweise finden sich dagegen nur in den seltensten Fällen.

Abwägung der Umstände

Wenn die Gerichte prüfen, ob ein Beschäftigungsverhältnis seinem Gesamtbild nach ein Angestelltenverhältnis darstellt, oder ob die selbstständige Tätigkeit zulässig ist, werden dabei alle Umstände berücksichtigt, die als Indiz in Frage kommen. Dann wird eine Abwägung vorgenommen. Dabei wird entschieden, welcher Seite das größere Gewicht zukommt. So kann ein Selbstständiger etwa einem umfangreichen Weisungsrecht seines Geschäftspartners unterliegen, aufgrund einer üblichen Honorarvereinbarung, eigenen Angestellten und eigenem unternehmerischen Risiko aber dennoch zulässig selbstständig tätig sein. Umgekehrt kann ein Angestellter zwar seine Arbeitszeit aufgrund eines sehr flexiblen Arbeitszeitmodells frei einteilen, ist wegen des vereinbarten Arbeitsentgelts und der persönlichen Leistungspflicht aber dennoch nicht als Selbstständiger anzusehen.

Professionelle Absicherung

Insbesondere Arbeitgeber sollten vor der Beschäftigung von Selbstständigen deshalb genau prüfen, ob nicht die Voraussetzungen der Scheinselbstständigkeit vorliegen. Da es sich hierbei jedoch um eine sehr komplexe Materie handelt ist es im Einzelfall ratsam, Rechtsberatung durch einen auf Arbeitsrecht spezialisierten Rechtsanwalt in Anspruch zu nehmen.

Auswirkungen der Scheinselbstständigkeit für Arbeitnehmer

Während die Scheinselbstständigkeit für den Arbeitgeber viele Vorteile und Anreize bietet, die Regeln des Arbeitsrechts zu umgehen, ist sie für Arbeitnehmer in der Regel hauptsächlich mit Nachteilen verbunden. Denn im Gegensatz zu Angestellten gelten die meisten Schutzbestimmungen des Arbeitsrechts gerade nicht für Selbstständige. Dennoch gibt es natürlich Gründe für die Tatsache, dass immer mehr Erwerbstätige bereit sind, Arbeit im Rahmen einer Scheinselbstständigkeit zu verrichten. So sind entsprechende Stellen im Vergleich zu festen Arbeitsplätzten deutlich leichter zu finden und der monatliche Nettoverdienst ist höher.

Dennoch überwiegen für Arbeitnehmer die Nachteile der Scheinselbstständigkeit deutlich. Denn der höhere Nettoverdienst, der auf den ersten Blick einen enormen Vorteil darstellt, relativiert sich durch die nötigen Aufwendungen für die private soziale Sicherung, die bei Angestellten über die Sozialangaben und Lohnnebenkosten erreicht wird. Deshalb sollte bei Verdacht auf Scheinselbstständigkeit eine professionelle Rechtsberatung, etwa durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht, in Anspruch genommen werden. Falls ein Betriebsrat existiert, ist dieser ebenfalls eine gute erste Anlaufstelle für Arbeitnehmer.

Höherer Nettoverdienst

Wer bewusst im Rahmen einer Selbstständigkeit tätig ist, wird dies vor allem mit Blick auf den höheren Nettoverdienst gegenüber einem Angestellten tolerieren. Denn im Gegensatz zu einem festen Arbeitsverhältnis fallen bei der Selbstständigkeit deutlich weniger Lohnnebenkosten und Sozialabgaben an. Zwar ist die Krankenversicherung auch für Selbstständige Pflicht, allerdings fallen die Beiträge der privaten Krankenversicherung deutlich geringer aus, als die Beiträge der gesetzlichen Krankenversicherung. Ein Angestellter kann jedoch nur dann in die private Krankenversicherung wechseln, wenn sein Einkommen den aktuellen Grenzwert überschreitet, Selbstständige können sich dagegen bereits bei deutlich geringeren Einkünften in der privaten Krankenversicherung versichern.

In anderen Sozialversicherungen, insbesondere der Rentenversicherung, sind Selbstständige grundsätzlich nicht pflichtversichert, Ausnahmen bestehen nur für besondere Bereiche wie Handwerker, Lehrer und Künstler. Hier muss allerdings beachtet werden, dass der Sinn und Zweck der Rentenversicherung gerade darin besteht, die Absicherung des Erwerbstätigen im Alter zu gewährleisten. Wer von der Pflichtversicherung befreit ist, kann diesen sozialen Schutz gerade nicht beanspruchen und muss entweder privat vorsorgen, was den höheren Nettoverdienst wieder ausgleicht, oder läuft Gefahr, im Alter nicht ausreichend abgesichert zu sein.

Kein Kündigungsschutz

Zu den größten Vorteilen des Angestelltenverhältnisses gehört der umfangreiche Kündigungsschutz im deutschen Arbeitsrecht. Da Arbeitnehmer auf ihr regelmäßiges Arbeitsentgelt angewiesen sind, kann das Arbeitsverhältnis nur unter engen Voraussetzungen durch den Arbeitgeber gekündigt werden. Diesen Schutz haben Selbstständige nicht, hier kann der Geschäftspartner die Geschäftsbeziehung theoretisch jederzeit und ohne besonderen Grund beenden.

Von diesem Nachteil werden vor allem diejenigen Erwerbstätigen besonders hart getroffen, die hauptsächlich oder sogar ausschließlich für einen einzigen Auftraggeber tätig sind. Gerade in diesen Fällen spricht deshalb viel dafür, von einer Scheinselbstständigkeit auszugehen. Auf jeden Fall sollten Erwerbstätige, die von einem bestimmten Auftraggeber abhängig sind, genau prüfen, ob die Voraussetzungen der Scheinselbstständigkeit erfüllt sind und gegebenenfalls tätig werden.

Schlechte Altersvorsorge

Auch bei der Altersvorsorge sind Scheinselbstständige gegenüber Arbeitnehmern deutlich schlechter gestellt. Arbeitnehmer sind pflichtversichert und zahlen dabei in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Der Lohnanteil, der dadurch in die Altersvorsorge investiert wird, wird zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber geteilt und vom Arbeitgeber abgeführt. Hierdurch entstehen dem Arbeitgeber Lohnnebenkosten sowie ein höherer organisatorischer Aufwand und für den Arbeitnehmer ein geringerer Nettolohn. Selbstständige, die nicht ausnahmsweise pflichtversichert sind, müssen dagegen privat vorsorgen. Insbesondere müssen sie den jeweiligen Beitrag zu ihrer Altersvorsorge vollständig selbst erbringen.

Viele Selbstständige scheuen deshalb zu hohe Investitionen in die private Altersvorsorge, es entsteht eine Unterversicherung. Diese führt dazu, dass die Selbstständigen im Alter nicht mehr ausreichend sozial abgesichert sind, was zu den größten Nachteilen der Scheinselbstständigkeit für Arbeitnehmer zählt. Scheinselbstständige, die finanziell nicht zu einer ausreichenden Altersvorsorge in der Lage sind, sollten deshalb auf jeden Fall eine professionelle Beratung durch einen Anwalt in Anspruch nehmen oder sich an den Betriebsrat wenden.

Kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung

Das Arbeitsentgelt stellt grundsätzlich die Gegenleistung für die verrichtete Arbeit dar. Hiervon gibt es jedoch Ausnahmen im Bereich der Entgeltfortzahlung. So hat der Arbeitnehmer einen Anspruch darauf, dass sein Arbeitsentgelt während einer Krankheit weiterbezahlt wird. Darüber hinaus besteht auch ein Anspruch auf bezahlten Urlaub. Bei Selbstständigen wird der Anspruch auf die Gegenleistung dagegen ausschließlich durch die Erfüllung der Arbeitsleistung begründet. Wer also nicht arbeitet, sei es wegen Krankheit oder Urlaub, hat auch keinen Anspruch auf die finanzielle Gegenleistung.

Auch der Anspruch auf bezahlte Elternzeit entgeht den Scheinselbstständigen. Die Scheinselbstständigkeit wird damit vor allem für Alleinerziehende oder junge Familien, die auf ein doppeltes Einkommen angewiesen sind, zum Problem. Spätestens in einer solchen Situation empfiehlt es sich daher, juristisch gegen die Scheinselbstständigkeit vorzugehen.

Auswirkungen der Scheinselbstständigkeit für Arbeitgeber

Die Fälle, in denen eine scheinselbstständige Erwerbstätigkeit im Interesse des Arbeitnehmers aufgenommen wird, sind in der Praxis eher selten. In den allermeisten Fällen wird die Initiative hiervon vom Arbeitgeber ausgehen, denn dieser profitiert am meisten von der Scheinselbstständigkeit. Erstens befreit ihn die Scheinselbstständigkeit von den Arbeitnehmerschutzregeln des Arbeitsrechts, zweitens stellt sie gegenüber einem festen Angestelltenverhältnis eine deutliche Kostenerleichterung dar.

Diese Vorteile bestehen aber nur solange, wie die Scheinselbstständigkeit unentdeckt bleibt und von beiden Seiten akzeptiert wird. Denn für den Arbeitgeber besteht stets das Risiko, dass die Scheinselbstständigkeit gerichtlich als unzulässig festgestellt wird. In diesen Fällen kommen auf den Arbeitgeber erhebliche finanzielle Nachteile zu, wobei insbesondere an Bußgelder und Nachzahlungspflichten zu denken ist.

Keine Lohnnebenkosten

Der größte Anreiz für Arbeitgeber, ein festes Angestelltenverhältnis durch Scheinselbstständigkeit zu umgehen, besteht im Wegfall der Lohnnebenkosten. So müssen die Beiträge zur Sozialversicherung für Arbeitgeber zur Hälfte vom Arbeitgeber getragen werden. Die Gegenleistung für diesen Arbeitgeberanteil kommt allerdings voll dem Arbeitnehmer, nicht dem Arbeitgeber zu. Stattdessen erfüllt dieser durch die Übernahme des Arbeitgeberanteils seine soziale Verpflichtung gegenüber dem Arbeitnehmer. Außerdem fällt auch die Lohnsteuer an. Bei der Beschäftigung von Selbstständigen muss der Arbeitgeber dagegen keine Lohnnebenkosten tragen, was eine erhebliche finanzielle Entlastung bedeutet.

Auch Kosten für die Organisation und Verwaltung des Arbeitsverhältnisses fallen weg. Da der Arbeitgeber verpflichtet ist, die Beiträge zur Sozialversicherung vom Lohn des Arbeitnehmers einzubehalten und abzuführen, entsteht hierdurch ein Aufwand, der mit Kosten verbunden ist. Selbstständige sind für ihre Versicherungsabgaben dagegen ausschließlich selbst zuständig, ihre Sozialversicherung belastet den Arbeitgeber also nicht.

Risiko von Bußgeldern

Die finanziellen Ersparnisse, die dem Arbeitgeber durch die Scheinselbstständigkeit möglich werden, stehen in der Praxis in keinem Verhältnis zu den finanziellen Konsequenzen bei Aufdeckung der Scheinselbstständigkeit. So sind in jedem Fall die ersparten Aufwendungen nachzuzahlen. Insbesondere, wenn die Scheinselbstständigkeit vorsätzlich eingegangen wurde, um die Regeln des Arbeitsrechts zu umgehen, kommen dazu hohe Bußgelder in Betracht, die weit über die Einsparungen hinausgehen.

Bei vorsätzlicher Scheinselbstständigkeit kommt für den Arbeitgeber auch eine Strafbarkeit wegen Beitragshinterziehung oder Verstößen gegen die Strafvorschriften im Mindestlohngesetz in Betracht. In der Regel wird es hier zwar bei einer Geldstrafe bleiben, allerdings haftet der Arbeitgeber hier nicht nur mit seinem Gesellschaftsvermögen, sondern persönlich. Zudem kann eine Vorstrafe in genehmigungspflichtigen Gewerben zum Entzug der Betriebslizenz führen.

Rückzahlung der Renten- und Sozialversicherungsbeiträge

Wenn festgestellt wird, dass statt einer Selbstständigkeit objektiv gesehen ein Angestelltenverhältnis vorlag, muss der Arbeitgeber die dadurch eingesparten Renten- und Sozialversicherungsbeiträge zurückerstatten. Die Rückerstattungspflicht bezieht sich dabei grundsätzlich auf die letzten fünf Jahre. Bei Vorsatz müssen sogar die Beiträge der letzten 30 Jahre zurückerstattet werden.

Zu diesem Ausgleich des durch die Scheinselbstständigkeit verursachten Schadens kommen noch Bußgelder und eventuelle Geldstrafen hinzu. Insgesamt übersteigen die finanziellen Nachteile bei einer erkannten Scheinselbstständigkeit die zuvor eingesparten Abgaben also um ein Vielfaches. Darüber hinaus muss der Arbeitgeber, der mehrere Scheinselbstständige Beschäftigte, davon ausgehen, dass nach dem Erkennen eines einzigen scheinselbstständigen Arbeitsverhältnisses auch alle anderen Arbeitsverhältnisse überprüft werden.

Klagemöglichkeit für Beschäftigte

Wenn scheinselbstständige Arbeitsverhältnisse entdeckt werden, ist dies in der Regel entweder auf eine Betriebsprüfung oder auf eine Klage eines Beschäftigten im Einzelfall zurückzuführen. Da die Scheinselbstständigkeit dem Arbeitgeber zwar auf den ersten Blick Vorteile bringt, den Scheinselbstständigen gegenüber Arbeitnehmern aber unangemessen benachteiligt, geht die Initiative für eine solche Klage in der Regel vom Beschäftigte aus. Juristisch ist die Klage dann auf Feststellung des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses gerichtet. Das Gericht würdigt dann alle Indizien, die für und gegen eine Scheinselbstständigkeit sprechen.

Besonders verheerend ist für den Arbeitgeber bei einem gerichtlichen Unterliegen die Tatsache, dass das Arbeitsverhältnis rückwirkend festgestellt wird. Grundsätzlich bis zum Beginn der Beschäftigung. In Fällen unbeabsichtigter Scheinselbstständigkeit ist die Pflicht zur Rückzahlung der ersparten Aufwendungen auf die letzten fünf Jahre begrenzt. Bei Vorsatz erstreckt sich diese Pflicht jedoch auf bis zu 30 Jahre.

Insolvenzrisiko

Kommt es zu einer rückwirkenden Feststellung des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses, besteht für den Arbeitgeber in vielen Fällen ein ernstzunehmendes Insolvenzrisiko. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Scheinselbstständigkeit nicht nur ein einzelnes, sondern viele Arbeitsverhältnisse betrifft. Auch die Pflicht zur Rückzahlung von Beiträgen über die letzten 30 Jahre bei Vorsatz kann eine erhebliche finanzielle Belastung bis hin zur wirtschaftlichen Schieflage des Unternehmens bedeuten.

Doch auch die fünfjährige Rückzahlungspflicht bei fahrlässig unerkannter Selbstständigkeit stellt insbesondere für kleine und mittlere Betriebe ein hohes wirtschaftliches Risiko dar. Deshalb müssen sich Arbeitgeber rechtlich absichern, bevor sie Geschäftsbeziehungen mit Selbstständigen in einem erheblichen Umfang eingehen. Gerade in den Fällen, in denen der Selbstständige hauptsächlich oder ausschließlich für den Auftraggeber tätig sein wird, sollte deshalb unbedingt eine professionelle Rechtsberatung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht eingeholt werden.

Wer prüft, ob eine Scheinselbstständigkeit vorliegt?

Da im Rahmen der Scheinselbstständigkeit Abgaben eingespart werden, die der Arbeitgeber eigentlich abführen müsste, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass die Scheinselbstständigkeit früher oder später entdeckt wird. Häufig geschieht etwa im Rahmen einer Betriebsprüfung, wenn die Geschäftsbeziehungen des Unternehmens zu selbstständig Erwerbstätigen einer Plausibilitätsprüfung unterzogen werden. Aber auch das Finanzamt veranlasst häufig Prüfungen, um die ordnungsgemäße Abführung der Lohnsteuer zu überprüfen, auch durch den Zoll finden Kontrollen statt.

Am häufigsten werden scheinselbstständige Erwerbstätigkeiten jedoch durch die Träger der Sozialversicherungen aufgedeckt. Denn diesen entsteht durch die Scheinselbstständigkeit der größte Schaden. Werden beispielsweise die Beiträge der Rentenversicherung nicht ordnungsgemäß abgeführt, wird die Deutsche Rentenversicherung tätig. Zu beachten ist, dass die Entdeckung der Scheinselbstständigkeit durch nur einen Träger dazu führt, dass auch die anderen Anspruchsteller auf die Scheinselbstständigkeit aufmerksam werden und Rückforderungsansprüche erheben.

Deutsche Rentenversicherung

Die Mehrheit der entdeckten Fälle von Scheinselbstständigkeit geht auf eine Kontrolle durch die Deutsche Rentenversicherung zurück. Grundsätzlich sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, für alle Angestellten die Beiträge zur Sozialversicherung, insbesondere auch der Rentenversicherung abzuführen. Stellt die Deutsche Rentenversicherung fest, dass ein bestimmtes Arbeitsverhältnis nicht etwa selbstständig ist, sondern ein normales Arbeitsverhältnis vorliegt, werden die nicht gezahlten Abgaben zurückgefordert.

Eine Strafanzeige wird die Deutsche Rentenversicherung nach der Entdeckung von Scheinselbstständigkeit in der Regel nur dann stellen, wenn ein Verdacht auf vorsätzliches Verhalten seitens des Arbeitgebers im Raum steht. Auch bei nicht vorsätzlicher Scheinselbstständigkeit können die Konsequenzen für den Unternehmer jedoch erheblich sein. Dieser muss die Abgaben über die letzten fünf Jahre, bei kürzeren Arbeitsverhältnissen seit dessen Beginn zurückerstatten. Darüber hinaus meldet die Deutsche Rentenversicherung die Scheinselbstständigkeit auch den anderen Behörden, insbesondere dem Finanzamt, das auch die Lohnsteuer zurückfordern wird.

Künstlersozialkasse

Die Künstlersozialkasse soll Selbstständige, die nicht in der gesetzlichen Krankenkasse versichert und in einer kreativ geprägten Branche tätig sind, aufnehmen und deren Krankenversicherung gewährleisten. Die Aufnahme in die Künstlersozialkasse setzt einen Aufnahmeantrag des zukünftigen Mitglieds voraus. Bei der Bearbeitung dieses Antrags überprüft die Künstlersozialkasse, ob tatsächlich eine zulässig selbstständige Tätigkeit vorliegt, oder ob die Tätigkeit nicht eher einem festen Angestelltenverhältnis entspricht. Kommt die Künstlersozialkasse zu dem Ergebnis, dass eine Scheinselbstständigkeit gegeben ist, wird der Antrag abgelehnt.

Konsequenzen für den Auftraggeber hat die Überprüfung durch die Künstlersozialkasse vor allem dann, wenn die Scheinselbstständigkeit erst nachträglich entdeckt wird. In diesem Fall war der Scheinselbstständige jahrelang bei der Künstlersozialkasse versichert, obwohl eigentlich Abgaben im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung angefallen wären. Hier ist also dem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung ein Schaden entstanden und es wird in der Regel zu Rückforderungsansprüchen gegenüber dem Arbeitgeber kommen.

Gerichtliche Überprüfung

Zu einer gerichtlichen Überprüfung der Feststellung von Scheinselbstständigkeit kann es auf zwei Wegen kommen. Einerseits kann der Scheinselbstständige, der die damit verbundenen Nachteile abwenden will, eine Klage auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses erheben. Andererseits kann der Arbeitgeber, wenn wegen Scheinselbstständigkeit Rückforderungen der Sozialversicherungsträger geltend gemacht werden, gerichtlich hiergegen vorgehen. Er kann also mit dem Antrag klagen, dass das Nichtvorliegen eines Arbeitsverhältnisses festgestellt wird.

In beiden Fällen wird das Gericht zunächst Beweis über sämtliche Umstände des Einzelfalls erheben. Bei der Feststellung der Scheinselbstständigkeit besteht die Besonderheit, dass es in der Regel keinen eindeutigen Beweis für oder gegen das Vorliegen von Scheinselbstständigkeit geben wird. Stattdessen muss eine Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls vorgenommen werden. Entscheidend ist am Ende, ob die Erwerbstätigkeit am Ende ihrem Charakter nach eher einem Angestelltenverhältnis oder einer Selbstständigkeit entspricht.

Fragebogen im Internet

Im Internet besteht mittlerweile die Möglichkeit, eine erste Einschätzung zur Frage der Scheinselbstständigkeit einzuholen. Diese Lösung ist im Gegensatz zu einer professionellen Rechtsberatung kostenlos und eignet sich vor allem für Erwerbstätige, die sich nicht sicher sind, ob ein Vorgehen gegen die mögliche Scheinselbstständigkeit überhaupt Sinn macht. Dabei werden in einem Fragebogen oder eine Checkliste Detailangaben zum Beschäftigungsverhältnis gemacht. Diese werden dann anonym und automatisiert mit den gesetzlichen Vorgaben abgeglichen. Am Ende wird eine Abschätzung zur Einordnung der Erwerbstätigkeit abgegeben.

Allerdings ist zu beachten, dass die Ergebnisse dieser Fragebogen in der Regel nur eine grobe Orientierung und keinesfalls eine fachlich fundierte Einschätzung der Lage geben können. Denn die Trennung zwischen Arbeitsverhältnis und Scheinselbstständigkeit folgt derart komplexen Regeln und Details, dass eine pauschale und automatisierte Überprüfung dem Einzelfall nicht wirklich gerecht werden kann. Für eine grobe erste Einschätzung sind diese Online Fragebogen allerdings eine gute Anlaufstelle. Dennoch sollte bei Zweifeln an der Legalität einer bestimmten Geschäftsbeziehung stets ein Rechtsanwalt eingeschaltet werden, der auf das Arbeitsrecht spezialisiert ist.

Fazit: Scheinselbstständigkeit ist eine Frage des Einzelfalls

Das Arbeitsrecht soll zwar die wesentlichen Punkte der Rechtsbeziehungen auf dem Arbeitsmarkt regeln, kann aber unmöglich jedem konkreten Einzelfall mit all seinen Besonderheiten und Details gerecht werden. Deshalb können zwischen einem Arbeitsverhältnis und Scheinselbstständigkeit auch keine absoluten Grenzen gezogen werden, stattdessen kommt es stets auf eine umfassende Bewertung des Einzelfalls an. Kriterien wie ein fester Arbeitsort oder das Weisungsrecht des Arbeitgebers können zwar für oder gegen eine Scheinselbstständigkeit sprechen, müssen aber stets gegen die Indizien abgewogen werden, die für das Gegenteil sprechen.

Absicherung durch Rechtsberatung

Wegen der Schwierigkeit dieser Entscheidung sollte die Überprüfung der Arbeitsverhältnisse deshalb einem Experten überlassen werden. Vor allem Arbeitgeber, die neben ihren Angestellten auch Selbstständige beschäftigen wollen, sollten die entsprechenden Geschäftsbeziehungen deshalb juristisch überprüfen lassen. Die Kosten für die Rechtsberatung sind deutlich geringer als die wirtschaftlichen Nachteile, die bei einer Entdeckung der Scheinselbstständigkeit drohen.

Rechte der Beschäftigten

Aber auch Beschäftigten ist zu raten, sich über ihre Rechte genau zu informieren und diese gegebenenfalls gegenüber dem Arbeitgeber durchzusetzen. Denn aus der Scheinselbstständigkeit ergeben sich vor allem für die Angestellten hauptsächlich Nachteile, da diese gegenüber einem ordnungsgemäßen Arbeitsverhältnis kaum Schutz durch das Arbeitsrecht beanspruchen können. Sofern der Verdacht auf Scheinselbstständigkeit besteht, sollten Arbeitnehmer deshalb den Betriebsrat oder einen Fachanwalt für Arbeitsrecht einschalten.

Rechtsschutz vor Gericht

Das letzte Wort in Sachen Scheinselbstständigkeit haben häufig die Gerichte. Diese gewähren einerseits den Scheinselbstständigen Rechtsschutz, die auf die Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses klagen. Andererseits stellt eine arbeitsgerichtliche Klage für den Arbeitgeber die Möglichkeit dar, den Konsequenzen einer entdeckten Scheinselbstständigkeit doch noch zu entgehen. Denn häufig wird die Frage der Scheinselbstständigkeit von Behörden und Gerichten unterschiedlich beurteilt. Nicht jeder Vorwurf der Scheinselbstständigkeit hält einer gerichtlichen Kontrolle deshalb stand.

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