Überstunden: Wann Mehrarbeit zulässig ist
Überstunden sind auf dem deutschen Arbeitsmarkt die Realität, doch nur selten finden sich im Arbeitsvertrag ausdrückliche Regelungen hierzu. Gerade in diesem Bereich ist es wichtig, dass Arbeitnehmer ihre Rechte genau kennen, um sie gegenüber dem Arbeitgeber durchzusetzen. Doch auch die Arbeitgeber müssen sich mit der Rechtslage auskennen, da sie eine Fürsorgepflicht trifft.
Wann kann der Arbeitgeber Überstunden verlangen?
Der Arbeitgeber hat grundsätzlich ein Direktionsrecht gegenüber dem Arbeitnehmer und darf den Zeitpunkt, den Umfang und die Art und Weise der eingeforderten Arbeitsleistung grundsätzlich frei bestimmen. Begrenzt wird das Direktionsrecht jedoch unter anderem durch das Arbeitszeitgesetz. Demnach ist es zwar grundsätzlich möglich, dass der Arbeitnehmer zur Leistung von Überstunden verpflichtet ist, allerdings muss dies zwischen den Parteien ausdrücklich vereinbart sein. In der Regel finden sich entsprechende Überstundenklauseln im Arbeitsvertrag. Aber auch kollektive Vereinbarungen, insbesondere Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen, können derartige Regelungen beinhalten.
Hierbei ist allerdings zu beachten, dass Überstunden grundsätzlich nicht ohne Ausgleich verlangt werden dürfen. In der Regel sind die Überstunden mit erhöhtem Arbeitsentgelt zu vergüten. Grundsätzlich ist auch ein Freizeitausgleich möglich. Der Arbeitnehmer sammelt seine Überstunden dann an und kann diese später abfeiern. Umstritten ist jedoch, ob Arbeitsverträge, die für geleistete Überstunden ausschließlich einen Freizeitausgleich vorsehen, wirksam sind. Definitiv unwirksam sind dagegen Bestimmungen zur unbezahlten Ableistung von Überstunden. Sofern ein Betriebsrat existiert, muss dieser die Überstunden genehmigen. Hierbei ist das Interesse des Arbeitgebers vor allem dann zu berücksichtigen, wenn die Überstunden durch einen akuten Notfall nötig werden. Personalmangel ist jedoch kein solcher Notfall, immerhin kann dieser durch feste Neueinstellungen ausgeglichen werden.
Arbeitszeitgesetz gilt nicht für alle
Auch für Überstunden gilt grundsätzlich das Arbeitszeitgesetz. Dieses soll den Arbeitnehmer vor Überlastung schützen, da stressbedingte Krankheiten mittlerweile ein Problem sind, das die Volksgesundheit betrifft. Demnach müssen zwischen den Arbeitseinsätzen auch mit Überstunden grundsätzlich elf Stunden liegen. Auch muss der Arbeitgeber darauf achten, dass die Arbeitnehmer Überstunden nicht eigenmächtig ableisten und dabei auf Arbeitszeiten kommen, die den Regelungen des Arbeitszeitgesetzes deutlich widersprechen. Insofern trifft den Arbeitgeber also eine Fürsorgepflicht gegenüber den Arbeitnehmern. Deshalb müssen geleistete Überstunden auch stets dokumentiert werden. In Betrieben, in denen Überstunden bezahlt oder abgefeiert werden, ist das ohnehin notwendig. Diese Pflicht dient allerdings auch dem Interesse des Arbeitgebers, die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes in seinem Betrieb zu kontrollieren. Im Übrigen besteht für den Arbeitnehmer auch kein Anspruch, Überstunden ableisten zu dürfen. Dies erfordert stets die Genehmigung durch den Arbeitgeber.
Nicht in den Anwendungsbereich des Arbeitszeitgesetzes fallen dagegen leitende Angestellte und vergleichbare Berufsgruppen, wie etwa Chefärzte. Diese können also auch deutlich mehr arbeiten, als im Arbeitszeitgesetz vorgesehen. Geleistete Überstunden gelten dabei jedoch als mit dem Arbeitsentgelt bezahlt, grundsätzlich besteht demnach kein Anspruch auf eine zusätzliche Vergütung für die Mehrarbeit. Teilweise wird von der Rechtsprechung sogar angenommen, dass der Arbeitgeber von diesen Angestellten grundsätzlich die Zurverfügungstellung der vollen Arbeitskraft verlangen darf. Von dieser Annahme ist die Rechtsprechung in einigen Urteilen mittlerweile aber wieder abgerückt. So soll es in diesen Fällen auf eine Prüfung im Einzelfall ankommen, bei der vor allem die Höhe des Gehalts und die Autonomie des Angestellten über seine Zeiteinteilung berücksichtigt werden.